Asta Scheib : In den Gärten des Herzens. Die Leidenschaft der Lena Christ

Das Leben der Lena Christ, als Roman erzählt

Kürzlich fanden in Landsberg die ersten „Biografietage“ statt [2005]. Dabei ging es ausdrücklich auch um das nicht-öffentliche Schreiben, um das Festhalten von privaten Erinnerungen. Lebensbeschreibung als literarische Gattung gibt es in vielerlei Gestalten – z.B. als „objektive“ Darstellung der Lebensgeschichte einer historischen Persönlichkeit, oder auch als romanhafte Ausgestaltung eines interessanten Lebenslaufs.

Geradezu eine Fundgrube sind in diesem Zusammenhang die Werke von Asta Scheib. Denn das „Spezialgebiet“ dieser Münchener Schriftstellerin sind authentische Frauenschicksale, die sie in biografischen Romanen lebendig werden lässt.

Ihr Buch „In den Gärten des Herzens“ nimmt sich - so der Untertitel - „Die Leidenschaft der Lena Christ“ zum Gegenstand und ist deshalb biografisch in zweierlei Hinsicht interessant: Denn zum einen ist Asta Scheibs Buch keine objektive Lebensbeschreibung (und will es auch gar nicht sein), gleichwohl es sich ganz offensichtlich auf gründliche Recherchen in unterschiedlichsten Quellen stützt.

Zum andern begann die bayerische Schriftstellerin Lena Christ (1881-1920) ihre Karriere selbst mit ihrer Autobiografie. Die „Erinnerungen einer Überflüssigen“ waren allerdings zunächst gar nicht als literarisches Werk geplant. Entstanden sind sie ursprünglich aus einem Impetus heraus, den man heute wohl als „therapeutisches Schreiben“ bezeichnen würde. Denn Lena Christ erlebte, nach anfänglich glücklicher Kindheit bei den Großeltern in Glonn, bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in München eher einen Albtraum als eine unbeschwerte Zeit des Heranwachsens. Physisch und psychisch auf vielfältige Weise misshandelt, musste sie sich dieses Trauma einfach „von der Seele schreiben“.

An diesem Punkt setzt Asta Scheibs Roman ein. Sie beschreibt einfühlsam Lena Christs langsam wachsendes Selbstvertrauen als Literatin, ihre Erfolge, ihre privaten Höhen und Tiefen, ihr turbulentes alltägliches Leben und schließlich ihr tragisches Ende. Zentralen Raum nimmt dabei Lena Christs sehr ambivalentes Verhältnis zu ihrem Mentor und späteren Ehemann Peter Jerusalem ein, der immer darauf bestand, dass er es gewesen sei, der ihr erzählerisches und sprachliches „Naturtalent“ entdeckt und gefördert habe – und der es wohl auch ungeniert für sich ausgenutzt und gleichzeitig seine Frau immer wieder als hochgradig neurotische Persönlichkeit beschrieben hat.

Da Selbstzeugnisse aus dieser Zeit fehlen, werden hier notwendigerweise Mutmaßung und psychologisierende (An-)Deutung federführend. Asta Scheib hält sich damit jedoch nobel zurück und lässt vor allem die äußeren, nachweisbaren Fakten für sich sprechen. Aber sie macht auch deutlich, wie Lena Christ mit offenen Augen und Ohren durchs Leben ging und sich ihr eigenes Er-Leben als literarischen Stoff anverwandelte.

Das wiederum hat zur Folge, dass man während der Lektüre immer mehr Lust bekommt, Lena Christs Werke selbst zu lesen – das ist nicht das geringste Verdienst von Asta Scheibs Romanbiografie.

Lena Christ, die schon beim Erscheinen ihrer Werke immer wieder mit Ludwig Thoma verglichen und ihm als ebenbürtig zur Seite gestellt wurde, ist in der Tat eine (Wieder-)Entdeckung wert. Ihre Romane und Geschichten sind in den letzten Jahren fast vollständig neu aufgelegt worden.

Asta Scheib: In den Gärten des Herzens. Die Leidenschaft der Lena Christ. Roman. Orig. 2002, als dtv-Taschenbuch 2004. 415 Seiten.

 Besprechung vom Oktober 2005

Sabine Skudlik