Iris Radisch : Die Schule der Frauen

Was „man“ als Frau alles verkehrt machen kann!
Iris Radischs Analyse der jetzigen Situation trifft ins Schwarze

Seit an der Spitze der Bundesregierung eine Frau steht und eine rührige Familienministerin versucht, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen (und Männer!) zu erleichtern, ist eine rege Debatte darüber entbrannt, wie Eltern, vor allem Frauen, mit Kindern es denn nun richtig machen sollen. An der Heftigkeit der Diskussion und der bisweilen recht populistischen Art der Argumente lässt sich ablesen, wie „heiß“ die Angelegenheit ist.

Viele Bücher sind zu diesem Thema erschienen, die es mal aus diesem, mal aus jenem Blickwinkel beleuchten und sehr oft auf kluge Weise wichtige Dinge zu bedenken geben. Wie die komplexe Problematik zu lösen sei, kann keine dieser Publikationen verraten, denn die einzig richtige Lösung gibt es einfach nicht.

Insofern bietet auch das Buch „Die Schule der Frauen“, mit dem sich die Literaturredakteurin und ZEIT-Journalistin Iris Radisch Anfang 2007 in die Diskussion eingeschaltet hat, keine wirklich neuen Antworten und keine originellen Lösungsvorschläge – aber sie stellt die Fragen auf originelle Weise. Darüber hinaus ist das Buch glänzend geschrieben (das ist für mich ein wichtiges Kriterium) – „eloquent, schlagfertig und ohne jede ideologiebelastete Besserwisserei“, so die Kritik in der SZ.

Iris Radisch, eine prominente und erfolgreiche Frau, hat drei Töchter, denen das Buch gewidmet ist. Sie stellt ihre Fragen ganz unverhohlen vor autobiografischem Hintergrund. Damit wird zweierlei deutlich. Erstens: Sie weiß, wovon sie spricht, wenn sie die (Un-)Vereinbarkeit von Karriere und Familiendasein beschreibt. Und zweitens: Sie möchte einen Bewusstseinswandel anstoßen, nicht mehr und nicht weniger. Denn nur mit ein paar finanziellen Anreizen ist es nicht getan, wenn sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sollen.

Radisch schöpft aus einem weiten kulturgeschichtlichen Bildungsschatz, sie schreibt pointiert und nicht selten provozierend. Manchmal muss man (oder eher frau) lachen ob ihrer treffenden Analysen, dann wieder ergreift eine die kalte Wut über männlichen Dünkel, den sie ebenso nüchtern wie schonungslos analysiert.

„Die Kernfamilie ist weiblich. Die Männer machen Krieg und Karriere und verlassen ihre Frauen und Kinder, wenn die große Geschichte, eine interessante Laufbahn oder ein schönes Kindermädchen sie lockt oder verschlingt. Die Männer verflüchtigen sich. Im Ernst-, also im Normalfall sind die Frauen sich selbst überlassen. (…) So oder so ähnlich war es in der großen Geschichte. Und alle Anzeichen sprechen dafür: So ist es bis heute.“

Ich habe mich in diesem Buch vor einiger Zeit auf einer längeren Bahnfahrt festgelesen. Neben mir im vollbesetzten Zug saß ein Herr in mittleren Jahren, der, das war aus den Augenwinkeln nicht zu übersehen, interessiert mitlas. Schließlich wollte er es genau wissen und fragte mich nach dem Titel der faszinierenden Lektüre. Um dann einzugestehen, die Beschreibung so mancher Situation träfe ja wohl den Nagel auf den Kopf, und die Männer kämen nicht gerade gut weg…

Damit möchte ich interessierte männliche Leser keinesfalls verschrecken. Dennoch werden sich hauptsächlich Frauen angesprochen fühlen. Und auch wenn – wie gesagt – die Verheißung im Untertitel „Wie wir die Familie neu erfinden“ nicht eingelöst wird, so gibt die Streitschrift dennoch wichtige Denkanstöße und setzt manches in die richtige Relation. Und es ist ja tatsächlich so, dass erst viele Gedanken bewegt und viele Wunschträume ausgesprochen werden müssen, bevor sich in der Gesellschaft einmal grundsätzlich etwas ändert!

 

Iris Radisch: Die Schule der Frauen. Wie wir die Familie neu erfinden. Deutsche Verlags-Anstalt München 2007. 187 Seiten.

Besprechung vom Februar 2008

Sabine Skudlik